Der Journalist kennt die Schulwirklichkeit nicht

Ein Artikel im Berliner Tagesspiegel stellt die Rechtslage in Sachen Berliner Neutralitätsgesetz nicht nur schief und verzerrt dar, sondern fällt auch durch einen Mangel an Kenntnis der Schulpraxis auf. Zudem beleidigt er die Mitglieder der Initiative "Pro Berliner Neutralitätsgesetz" und unterstellt ihnen, ihr eigenes Wertesystem über das der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu stellen.

LINK: https://hpd.de/artikel/journalist-kennt … icht-15196
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Offener Brief an Malte Lehming

Die religiöse Neutralität in unseren Schulen, die wir als PädagogInnen zeigen müssen, ist in Deutschland lange erkämpft und uns ein hohes, zu bewahrendes Gut gerade im Interesse unserer demokratischen Grundordnung; und vor allem auch, um damit unsere SchülerInnen zu schützen.
In Auseinandersetzungen zwischen katholischer und evangelischer Glaubensausübung wurde früher bei uns Druck auf Kinder ausgeübt, jetzt wiederholt sich das in der muslimischen Community. Das erleben wir PädagogInnen in den Schulen ständig und zunehmend, insbesondere in den Bezirken, in denen viele (Grund-)Schulen weit über 50 % SchülerInnen aus muslimischen Familien mit Migrationshintergrund haben. Nur ein paar Beispiele aus dem täglichen Schulleben, allein zur Symbolik und Bedeutung religiös bestimmter Kleidung (Kopftuch):
Immer mehr Mädchen müssen, sogar bereits ab dem 1. Schuljahr, auf Wunsch ihrer Eltern Kopftuch und lange Kleider tragen, weil nur das "anständig" und "züchtig" ist;
Mädchen werden von Mitschülern als "Schlampe" und "Hure" beschimpft, wenn sie sich nicht so kleiden;
Mädchen werden von Mitschülern, Brüdern, Nachbarn bei den Eltern verpetzt, wenn sie das Kopftuch ablegen (wollen) bzw. fürchten diesen Community-Druck – die Kinder erlernen also frühzeitig Hinterhältigkeit und Misstrauen;
Mädchen erzählen, dass sie Kopftuch tragen, weil der Vater ihnen monatlich beträchtliche Geldsummen dafür zahlt;
SchulleiterInnen werden um Umschulung gebeten, weil das Kind auf der anderen (Grund-) Schule den Druck (konservativer) muslimischer Mitschüler nicht mehr erträgt (Kleidung, Fasten usw.);
LehrerInnen werden von muslimischen Jungen verächtlich als "Ungläubige" bezeichnet, was man ja allein schon an der Kleidung sehe.
Die Beispiele können erweitert werden.
Was bewirkt in diesem Klima eine Pädagogin, die ebenfalls demonstrativ Kopftuch oder ein weiteres religiös motiviertes Kleidungsstück trägt? Und was sollen diese Kleidungsstücke grundsätzlich und durch die Pädagogin signalisieren?
PädagogInnen sind Orientierungs-Modelle für ihre SchülerInnen. Eine Kopftuch oder Tschador tragende Pädagogin demonstriert ihre orthodoxe Glaubenseinstellung und damit die Einstellung gleichgesinnter Eltern und ihrer Kritik an Musliminnen, die sich "nicht züchtig" verhüllen. Hier erfolgt subtiler Druck, auch wenn diese Pädagoginnen nicht missionieren wollen.

Text Quelle: Malte Lehming

Теги: Schulwirklichkeit, Neutralität, Kopftuch